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Ich erkläre mich – und verliere mich. Zwischen Schubladen und der Sehnsucht, als Mensch gehört zu werden

Ich denke gerade viel darüber nach, wie oft Dinge, die ich sage, bei anderen nur bruchstückhaft ankommen. Wie oft Sätze nur halb gehört werden – und damit das eigentlich Wichtige verloren geht. Wie oft ich mich dann erklären muss, rechtfertigen, verteidigen – und wie sehr ich dabei spüre: Das erschöpft mich.


Und ich merke, dass dieses ständige Erklären auch ein Muster ist. Eines, das ich selbst nicht gewählt habe, aber in das ich hineingerutscht bin. Vielleicht, weil ich so sehr möchte, dass man mich versteht. Vielleicht, weil ich so sehr hoffe, dass ich, wenn ich nur genug erkläre, irgendwann gehört werde. Aber tief drinnen weiß ich: Ich muss mich eigentlich gar nicht verteidigen. Und doch tue ich es. Immer wieder.


Ich wünsche mir, aus diesem Muster auszubrechen. Nicht mehr nur zu reagieren. Nicht mehr immer in diesen Rechtfertigungsmodus zu rutschen. Ich will nicht mehr meine Energie verschwenden, um etwas zu erklären, das vielleicht gar nicht verstanden werden will – weil das Gegenüber nicht wirklich zuhört, sondern nur darauf wartet, dass ich etwas sage, das in sein Bild von mir passt. Damit die Schublade wieder zugeht.


Und das ist vielleicht der Punkt, der mich am meisten nachdenklich macht: Ich habe begonnen zu bemerken, dass mich dieses Verhalten nicht nur ermüdet – sondern auch verändert.


Es fällt mir zunehmend schwer, geduldig zu bleiben. Es fällt mir schwer, empathisch zu bleiben. Mir, die eigentlich ein gutes Gespür hat fürs Zuhören. Ich verliere meine eigene Gabe, wenn ich mich immer wieder in Situationen wiederfinde, in denen ich nicht als Mensch, sondern nur als Projektionsfläche gesehen werde.


Und ich merke: Ich bin nicht besser als die Menschen, die mich nur halb hören – wenn ich selbst beginne, auf sie genauso zu reagieren. Ich will das nicht. Ich will nicht in dieselbe Spirale rutschen. Und ich weiß gar nicht genau, warum es mir so schwerfällt, in solchen Momenten bei mir zu bleiben. Vielleicht, weil mein System müde ist. Vielleicht, weil etwas in mir innerlich aufgibt. Vielleicht, weil ich verletzt bin.


Aber ich möchte das durchbrechen. Schritt für Schritt. Ich möchte mir meine Fähigkeit zum Zuhören zurückholen. Meine Offenheit. Meine Stärke, Menschen nicht in Schubladen zu stecken, sondern in Bewegung zu sehen.


Und ich wünsche mir das auch für andere. Dass wir alle wieder ein bisschen mehr hinschauen, ein bisschen mehr hinhören. Und wenn wir merken, dass wir jemanden in eine Schublade gesteckt haben – dass wir uns die Mühe machen, sie noch mal zu öffnen und uns zu fragen: Passt das überhaupt noch? Ist der Mensch nicht längst weitergegangen?


Ich glaube, tief in uns wünschen wir uns alle, gehört zu werden. Nicht bloß akustisch, sondern innerlich. Ganz. Mit dem, was wir sagen – und dem, was wir nicht sagen. Und vielleicht beginnt genau da ein Ausweg aus der Spirale: Dass wir nicht nur darauf warten, verstanden zu werden, sondern uns auch selbst wieder neu bemühen, wirklich zu verstehen.

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