Vier Kinder und ein gebrochenes Herz Was bleibt, wenn eine Entscheidung dich ein Leben lang begleitet?Ein sehr persönlicher Text…
- Daniela Klug Beratung
- 29. März
- 4 Min. Lesezeit
…über leise Schuldgefühle, verletzliche Fragen und einen Glauben, der mich trägt.
Manchmal frage ich mich, wie mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn ich mit 18 nicht diesen einen Weg eingeschlagen hätte.
Aber dann halte ich inne.
Denn ich weiß: Es war damals eine Entscheidung, die aus einem ehrlichen Gefühl heraus getroffen wurde. Es gab gute Zeiten. Eine Verbundenheit. Freundschaft. Gemeinsame Pläne. Und vor allem: Aus diesem Weg sind vier Kinder hervorgegangen, die ich so sehr liebe.
Ich will diesen Teil meines Lebens nicht schlechtmachen.
Und trotzdem tut es weh.
Es tut weh, wenn Entscheidungen, die sich einmal richtig anfühlten, Jahre später zu etwas werden, das man immer wieder neu mittragen muss.
Es tut weh, wenn man versucht, Frieden zu halten – und am Ende trotzdem mitten im Sturm steht.
Wenn man etwas loslässt – aber es einen nicht loslässt.
Ich habe viele Jahre geschwiegen, getragen, gehofft.
Ich wollte nicht kämpfen. Ich wollte nicht gegen jemanden stehen.
Ich wollte einen respektvollen Umgang, vor allem um der Kinder willen.
Ich habe mich oft selbst beruhigt: „Es ist, wie es ist. Du schaffst das. Du willst Frieden.“
Und vielleicht habe ich dabei auch nicht hingeschaut, obwohl ich etwas gespürt habe.
Vielleicht habe ich bewusst weggesehen, weil ich wusste: Wenn ich es zulasse, wird etwas aufbrechen, das ich nicht mehr kontrollieren kann.
Doch manchmal brechen Dinge im Leben auf, von denen man nicht wusste, dass sie sich im Verborgenen längst zusammengezogen haben wie eine dunkle Wolke.
Im Hintergrund waren wohl schon länger Dinge im Gange – schleichend, leise, verborgen. Vielleicht habe ich manches gespürt. Vielleicht hätte ich es sehen können, wenn ich ganz genau hingeschaut hätte.
Aber ich war so sehr darum bemüht, den Frieden zu halten, dass ich vieles nicht wahrhaben wollte.
Manchmal weiß man tief im Inneren, dass etwas nicht stimmt – und schaut trotzdem weg. Nicht aus Schwäche, sondern aus Hoffnung.
Weil man ahnt: Wenn man den Deckel hebt, bricht etwas auf, das man nicht mehr zurückholen kann.
Und dann kam dieser eine Moment.
Von einer Minute auf die andere war der Boden weg.
So abrupt, so unerwartet.
Und gleichzeitig war es, als hätte sich etwas lange vorbereitet – heimlich, leise – und plötzlich stand ich mitten im Sturm.
Ich wusste nicht, wie mir geschieht.
Es war, als würde alles, worauf ich vertraut hatte, ins Wanken geraten.
In dieser Zeit sprach ich mit einem Menschen, der mir sehr nahe steht. Jemand, auf den ich mich verlassen kann.
Er sagte zu mir:
„Ich werde für dich da sein. Auch wenn du falsche Entscheidungen triffst.“
Und ich weiß, dass dieser Satz voller Liebe war.
Aber er hat in mir etwas aufgewühlt. Nicht, weil ich ihn falsch verstanden hätte. Sondern weil ich ihn mir selbst schon so oft ins Herz sprechen musste.
Weil ich so oft versuche, meine eigenen Entscheidungen zu halten – ohne mich dabei zu verurteilen.
Weil ich nicht immer wieder in die Falle tappen will, mich kleinzumachen für das, was war.
Und doch: Die Gedanken sind da.
Wie konntest du das nicht sehen?
Warum hast du so lange ausgehalten?
Warst du wirklich so naiv?
Vielleicht ja.
Vielleicht war ich manchmal zu gutgläubig.
Aber ich war auch mutig. Ich habe getragen, gehofft, gehalten.
Ich habe das Beste versucht – mit dem, was ich damals zur Verfügung hatte.
Heute versuche ich, mich selbst darin nicht zu verlieren.
Nicht in den Vorwürfen. Nicht in der Scham. Nicht im Bedauern.
Ich versuche, Frieden zu schließen – mit meinem jüngeren Ich, mit meiner Geschichte, mit all den Stimmen in mir.
Ich habe gelernt, dass Vergebung nicht bedeutet, dass alles in Ordnung war.
Sondern dass ich mich entscheide, nicht hart zu werden.
Und das ist nicht leicht.
Denn manchmal bin ich wütend. Und oft auch müde.
Dann bete ich. Nicht mit großen Worten.
Manchmal nur mit einem Seufzen.
Manchmal mit einem leisen „Bitte, gib mir Frieden.“
Und manchmal mit: „Bitte, hilf mir weich zu bleiben.“
Mein Glaube ist es, der mich durch diese Zeit trägt. Nicht immer laut, nicht immer sichtbar – aber da.
Still. Tragend. Verlässlich.
Ich möchte nicht mein ganzes Leben lang gegen eine Entscheidung kämpfen, die ich als junge Frau getroffen habe.
Ich möchte lernen, mit ihr in Frieden zu leben.
Nicht weil alles gut war.
Sondern weil ich heute weiß, dass ich gewachsen bin.
Dass meine Kinder aus einem ehrlichen Anfang entstanden sind – und dass ich trotz allem weiter lieben kann.
Trotz Trennung.
Trotz Schmerz.
Trotz allem, was war.
Und vielleicht ist das das Größte, was bleibt:
Ich bin noch da.
Und ich liebe.
Trotz allem.
Ich verliere mich nicht.
Nicht in Bitterkeit. Nicht im Bedauern.
Ich halte mich an dem fest, was mich trägt.
An meinem Glauben.
An dem, was gut ist.
An dem, was bleibt.
Und wenn du das liest…
…und du dich in irgendetwas davon wiederfindest –
wenn du selbst Entscheidungen getroffen hast, die dich heute schmerzen,
wenn du manchmal nicht weißt, ob du dankbar oder wütend sein sollst,
wenn du dich fragst, wie man etwas betrauert, aus dem gleichzeitig etwas so Wertvolles entstanden ist –
dann möchte ich dir sagen:
Du bist nicht allein.
Dein Weg ist nicht falsch, nur weil er weh tut.
Du bist nicht gescheitert, nur weil du heute etwas anders siehst.
Du darfst beides fühlen. Dankbarkeit und Schmerz. Nähe und Enttäuschung.
Und du darfst trotzdem weitergehen.
Langsam, aufgewühlt, gebrochen – aber mit Würde.
Denn du trägst etwas Wertvolles in dir:
Die Kraft, weiterzuleben.
Und weiterzulieben.
Danke für diesen Text, für deine Gabe das zu erkennen, dein Talent es genau so in Worte zu fassen und deine Stärke es für uns, die das so brauchen, zu veröffentlichen.
Ich wusste nicht wie heilsam es ist so tief zu fühlen, wo es doch so weh tut, wenn man den Blick darauf richtet wovon man weg sehen will, aber aus einem friedvollen und weicheren Blickwinkel. Danke!