Projektionsfläche Mensch. Wie du erkennst, wenn etwas nicht deins ist.
- Daniela Klug Beratung
- 5. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Neulich in der Beratung:
Eine Klientin erzählt mir von einem Gespräch mit ihrem Vater. Es ging eigentlich um eine Kleinigkeit – wer wann etwas gesagt oder vergessen hatte. Nichts Dramatisches.
Aber plötzlich war da dieser eine Satz von ihm:
„Du hast das alles in mir ausgelöst.“
Und sie spürte, wie sich ein schweres Gefühl in ihre Brust setzte.
Nicht, weil es stimmte – sondern weil es sich so anfühlte, als hätte er ihr gerade einen unsichtbaren Rucksack voller Emotionen überreicht.
„Ich bin raus aus dem Gespräch und hab gemerkt: Ich trag gerade wieder etwas, das nicht mir gehört.“
Und genau darum geht es heute:
Wie erkennst du, wenn etwas nicht deins ist?
Was ist Projektion überhaupt?
Stell dir vor, jemand trägt einen unsichtbaren Rucksack voller Gefühle, Konflikte, ungelöster Themen. Und dieser Rucksack wird zu schwer.
Also nimmt die Person – unbewusst oder ganz bewusst – eine Ladung davon raus und legt sie dir vor die Füße.
Oder auf deine Schultern.
Oder mitten in dein Herz.
Du bist die Projektionsfläche. Und oft merkst du es erst dann, wenn du dich plötzlich seltsam schuldig, traurig oder angespannt fühlst – ohne zu wissen, warum.
Beispiele gibt’s genug:
„Du bist so anstrengend.“
(Obwohl der andere selbst überfordert ist.)
„Immer muss ich mich um alles kümmern.“
(Obwohl du ständig die Verantwortung trägst.)
„Du bist schuld, dass ich mich so fühle.“
(Obwohl da vielleicht ganz andere Auslöser im Spiel sind.)
Manche Sätze klingen harmlos. Manche kommen leise daher.
Aber sie wirken – und machen dich zum Träger von etwas, das eigentlich nicht dir gehört.
Und manchmal ist es kein Versehen.
Es gibt Menschen, die das fast schon perfektioniert haben. Die gelernt haben, dass es leichter ist, Emotionen abzugeben, als sie selbst zu fühlen.
Die nicht bei sich hinschauen wollen – und stattdessen andere dazu bringen, sich schlecht zu fühlen.
Nicht aus Bosheit, sondern oft aus Angst vor dem eigenen Inneren.
Aber trotzdem ist es verletzend.
Und oft trifft es genau die Menschen, die nah sind. Die zuhören. Die sich verantwortlich fühlen.
Warum gerade empfindsame Menschen zur Projektionsfläche werden
Weil sie viel spüren.
Weil sie sich selbst oft hinterfragen.
Weil sie Harmonie wollen und das Unausgesprochene im Raum kaum ertragen können.
Weil sie verstehen wollen – und weil sie gelernt haben, dass sie die sind, die Rücksicht nehmen.
Und genau diese Feinfühligkeit macht sie so empfänglich für das, was andere nicht tragen wollen.
Wie du erkennst, wenn etwas nicht deins ist:
Du fühlst dich plötzlich schuldig, ohne zu wissen, was du getan hast.
Du denkst über das Gespräch noch Stunden später nach – im Kreis.
Du spürst eine innere Unruhe oder ein diffuses schlechtes Gewissen.
Du willst dich rechtfertigen, obwohl niemand dich angeklagt hat.
Du merkst: „Da stimmt was nicht – aber ich kann’s nicht greifen.“
Das sind oft Zeichen dafür, dass da gerade etwas abgeladen wurde.
Etwas, das dir gar nicht gehört.
Was du tun kannst:
Stell dir innerlich die Frage: „Ist das meins?“
Und wenn nicht: „Darf ich es gedanklich zurückgeben?“
Nimm einen Schritt Abstand. Auch innerlich.
Atme. Sortiere. Nimm wahr, was deins ist – und was nicht.
Sprich es aus – wenn es möglich und sicher ist:
„Ich spüre, dass da gerade was bei dir ist – aber ich kann das nicht für dich tragen.“
Und wenn das nicht geht:
Nimm dir selbst den Raum. Geh spazieren. Schreib es auf.
Gib’s im Geiste zurück. Du bist nicht verpflichtet, alles zu tragen, was andere nicht halten können.
Zum Schluss:
Du darfst empathisch sein.
Du darfst mitfühlend sein.
Du darfst freundlich bleiben.
Aber du bist kein Ablageplatz für fremde Schuldgefühle.
Keine Müllhalde für unausgesprochene Emotionen.
Kein Ersatzbehälter für verdrängte Konflikte.
Du bist Mensch. Und du darfst gut für dich sorgen.
Manchmal heißt das: Innerlich sagen
„Das ist nicht meins.“
Und den Rucksack gar nicht erst in Empfang zu nehmen.
Oder – wenn er schon da ist – ihn liebevoll zurückzureichen.
Denn du darfst bei dir bleiben.
Mit klarem Herzen. Und freiem Rücken.
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